Zum Hunderter ein Hatscher durch Wien: Es ist eben, wie es isst

Was Methusalem, Augarten, Amador und Wieninger miteinander zu tun haben, wie der 100. Geburtstag von Profiküchen-Hersteller Lohberger damit zusammen hängt und warum sich ein Dutzend der besten Kochlöffel am Wiener Nussberg zusammengetan haben.

Wolfgang Fischer & Jacqueline Pfeiffer
Jacqueline Pfeiffer & Wolfgang Fischer
Brettljause und Aufstriche am Nussberg, bei Fritz Wieninger, Weingut, 1190 Wien, Gault Millau, Lohberger
Die idealtypische Unterlage für die großartigen Wieninger-Weine am Nussberg: Brettljause und Aufstriche

„Ja, dürf’n die des??“ Die Cuisinière war empört. Oder sagen wir: gespielt empört. Denn hinter der zutiefst wienerischen Beamten-Entrüstung über die Einladung von Gastro-Küchengerätehersteller Lohberger und Gault-Millau zur kulinarischen Jubiläumswanderung unter dem Motto „100-jähriges Jubiläum“ verbarg sich pure Freude. „Hast du wirklich geglaubt, du hast das Wandern mit Genuss erfunden?“ – ein Seitenhieb auf ihre eigenen Special PfeiffersGiG.

„Bist du als eine der zwölf Spitzenköche eingeladen? Warum bin dann auch ich eingeladen?“, fragte Der Connaisseur in selten vorkommender Bescheidenheit. Die allerdings rasch verflogen war. „Oder doch als „kultige Kulinarik-Tester“, wie uns Edelfeder Christian Nusser in Newsflix bezeichnet hat“, war Der Connaisseur „schon wieder ganz der Alte. „Selbstironisch, pointiert, hungrig auf Genuss und Geschichten“, wie Die Cuisinière festhielt.

Die Cuisinière schlug zur Klärung vor, den Organisator des Events, Stefan Ratzenberger, zu befragen. Mit dem hatte sie nämlich die Schulbank gedrückt. „Kürzlich!?“ Sie murmelte irgendetwas Unverständliches, der Ort dagegen war wieder leichter verständlich: „Im Sacré Coeur in Pressbaum.“ Das war ein Rückschlag für des Connaisseurs Selbstbewusstsein: „Deswegen sind wir eingeladen …?“

Die Cuisinière versuchte, des Connaisseurs Depression gar nicht aufkommen zu lassen, und gestand freiwillig, dass diese Schule, „eine der mehreren war“, die sie nicht „ganz“ abgeschlossen habe: „Ehrlich gesagt, wir waren nur ein Schuljahr gemeinsam.“ Die kurzfristige Niedergeschlagenheit des Connaisseurs war verflogen, er witterte eine Spitze, denn, „besser einen guten Freund verlieren, als eine Pointe auslassen“, war eines seiner obersten Lebensmottos. Also: „Wie viele Schulen waren es dann insgesamt?“ Die Cuisinière hob die Hand und spreizte alle fünf Finger. „Hauptsache, du hast kochen gelernt!“, gab sich Der Connaisseur selten charmant, aber ehrlich.

Am Weg zur ersten Station, dem Palais Augarten, versuchte sie dem Connaisseur etwas Spitzengastro-Bildung beizubringen: „Lohberger ist die Oberliga der heiligen Küchen.“ Wer sonst würde es schaffen, „für einen Tag mehrere Küchenblocks auf die Ischgler Idalpe für den renommierten „Sterne-Cup der Köche“ auf 2.300 Höhenmeter zu stellen“, machte sich Die Cuisinière wieder wichtig. Natürlich auch und vor allem, um des Connaisseurs Frage, „und wie hast du dabei abgeschnitten?“ zu evozieren.

Er wollte kein Spielverderber sein, auch wenn er ihre Antwort kannte. „Ich habe natürlich dreimal gewonnen!“, sagte sie stolz. „Na, dann haben wir noch etwas! Du kannst also nicht nur kochen!“ Und ihre schreiberischen Qualitäten lobte er dann auch gleich in einem Aufwaschen. Mit gutem Grund: er wusste, dass er beinahe den ganzen Tag mit ihr zu verbringen haben würde.

Dass eine derartige Genusswanderung in einem so feudalen Rahmen wie dem Palais Augarten beginnt, kommt selten vor, waren sich die beiden ausnahmsweise einig – aber die Porzellanmanufaktur Augarten sei zweifelsfrei ein geeigneter Ort, um einen interessanten Tag mit einem Frühstück zu starten – und die flüssige Begleitung war „nicht nur Kaffee“, hörte man allenthalben ein großes Aufatmen.

Marco Salvatori, Gründer des Schaumwein-Kontors, hatte englische (!) Schaumweine zu verkosten, und zwar nicht in Flöten oder Kristallschalen, sondern in vergoldeten Augarten-Porzellanschalen (käuflich erwerbbar ab 250 Euro – das Stück). „Was wenig ändert …“, sagte Der Connaisseur halblaut und mehr zu sich.

Die Verbindung von Augarten und Lohberger? Erhard Grossnigg, der visionäre Unternehmer und Gründer der Austro Holding, unter deren Dach sich diese beiden Traditions-Unternehmen befinden. Und während sich Der Connaisseur in „tiefem sittlichem Ernst“ am englischen Sprudel versuchte („Du nimmst deine Mission eben ernst“, lautete ihr vielschneidiges Lob), feierte Die Cuisinière ein zweites Klassentreffen der Spitzenköche: Parvin Razavi oder Thomas Seifried, Martin Sieberer, Silvio Nickol, Michael Böhm, Robert Letz bis zu Alain Weissgerber, sie alle sind angetreten zu dieser ganztägigen Geburtstagsfeier anlässlich des Hunderter von Gastgeber Lohberger.

Dann begab sich Die Cuisinière zu einer Führung durch die heiligen Hallen der Porzellanmanufaktur, indessen sich Der Connaisseur weiter in der praktischen Verwendung ihrer Produkte übte. „So oft bekommt man nicht aus Augarten-Porzellanschalen zu trinken“, war seine Begründung, obwohl er sich noch immer nicht an den englischen Sekt gewöhnen konnte. „Also, ich finde ihn sehr ok“, meinte Die Cuisinière, die ja bekanntlich auch etwas vom Trinken versteht. Gottlob gab es auch anderes …

Das Wetter war, wie es ist, und vor lauter „Wichtlerei“ haben Die Cuisinière & Der Connaisseur den Abmarsch zur etwa einstündigen Wanderung vom Augarten in die Grinzinger Straße versäumt. Aber weil das Wetter war, wie es ist, haben sie es nicht einmal bereut, sondern ihre helfenden Hände für die Übersiedlung der Displays, Fahnen und sonstigen Aussatttung angeboten. Dafür gab es einen Lift rauf zum Amador Restaurant – „von einer heiligen Halle zur anderen“, stellte Die Cuisinière treffend fest.

Und von einem Empfang zum nächsten, allerdings ohne den großen Meister selbst – Juan Amador war verhindert. Dafür war Laurent-Perrier präsent, mit einigen Methusalems. die von Kattus-Manager Milan Stevic, einer Institution der Wiener Gastronomie, mit Grandezza ausgeschenkt wurden. „Das war die richtige Reihenfolge!“, spielte Die Cuisinière auf den Schaumwein im Palais Augarten an.

Und weil sich nichts besser mit Champagner verträgt als Austern, wurden dazu die Poget Auster Nr. 2 aus Frankreich gereicht, ebenfalls von einem Meister vorbereitet bzw. geöffnet, nämlich dem Rungis-Express-Chef Ernst Rosmanith. Das versetzte Die Cuisinière in Glück, währenddessen sich Der Connaisseur an einen berühmten Spruch eines ganz großen Wieners hielt: „Das wenige, was ich essen muss, kann ich trinken auch.“ – „Das sind die Ingredienzien, wo die Stimmung nicht einmal durch schlechtes Wetter getrübt werden kann.“ Darüber war man sich einig. Und weiter ging die Wanderung zum Nussberg.

Die beiden hatten schon Lift-Übung und sich gleich wieder freiwillig zum Transport der Utensilien gemeldet. So kam es, wen wundert’s – geht’s doch die Grinzinger Straße ziemlich bergauf – , dass Die Cuisinière & Der Connaisseur ziemlich erste Sieger mit Blick auf Kahlenberg, Leopoldsberg und Donau waren.

Und gleich gab es wieder einen kulinarischen Genuss im großartig gelegenen kleinen Weingarten von Sigi Machatschek mit Wiener Weitblick (wie auch sein Grüner Veltliner heißt). Dazu kreative Heurigen-Gerichte wie Liptauer-Cornetto, Mediterraner Couscous und Schweinsbraten anders.

Die vermeintlich letzte Station war dann die großartige Buschenschank von Fritz Wieninger, sicher 150 Meter von Sigi Machatscheks Winzerhäusl entfernt, was Die Cuisinière & Der Connaisseur dann tatsächlich aus eigener Körperkraft geschafft haben. Die Verkostung der großartigen Weine dieser Wiener Winzer-Ikone bildete einen weiteren Höhepunkt, dazu passend für eine Buschenschank: Brettljause. Und dann ein Gruppenfoto aller Kochlöffel, von denen einige – manche weil sie arbeiten mussten, andere weil ihnen die Wanderung zu beschwerlich gewesen sein könnte – erst später dazu stießen.

Womit der offizielle Teil beendet war, aber eine kleine exklusive Runde hatte noch nicht genug, Die Cuisinière zweifelsfrei mit dabei! „Einem Besuch im Prater kann ich nicht widerstehen, das letzte Mal bin ich bei meiner Firmung mit dem Riesenrad gefahren!“, erinnerte sich Die Cuisinière an lange vergangene Zeiten. Die Aussicht – im doppelten Sinn –, einmal im exklusiven Gourmet-Waggon in lustiger Runde Wien bei Nacht zu sehen, war wohl zu verlockend. Und bot quasi die andere Perspektive nach dem Nussberg.

Der Connaisseur wurde fast neidisch und verfluchte seine Disziplin … „Welche?“, wurde Die Cuisinière frech und erzählte rasch von den vier Runden, zu denen Robert Theuer, der Betreiber der exklusiven Restaurant-Waggons des Riesenrads, eingeladen hatte, natürlich erneut mit erfrischender Begleitung.

Und so endete die kulinarische Jubiläums-Wanderung mit österreichischen Spitzenköchen nach guten zwölf Stunden.

„Das nenne ich Einsatz!“, blieb diesmal dem Connaisseur das letzte Wort.

Dieser Artikel ist zuerst auf NewsFlix erschienen.